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Jetzt sollen wir uns wieder beherrschen

Dieser Artikel von Elisabeth Lumby erschien in Berlingske Tidende (Kopenhagen) am 11.01.2003. (doppeldeutiges Wortspiel, wörtlich: Jetzt sollen wir wieder die Maschen halten)

Die Amerikaner sind schon von einer wahnsinnigen Stricknadel gestochen worden, und hierzulande ist das Rechts-Links-Fieber stark im Kommen. Wir sollten uns um das Strickzeug herum treffen, meinen Experten. Madonna, Cameron Diaz, Sandra Bullock, Julia Roberts und Brooke Shields machen es. Auch Naomi Campbell, Cindy Crawford, Madeleine Albright, ja sogar Russell Crowe machen es. Mindestens 38 Millionen Amerikaner haben sich auf die Stricknadeln geworfen, und allein im vergangenen Jahr stieg die Anzahl der Stricker unter 35 Jahren um 400% in den USA.

Das Buch „Zen and Knitting“ vergleicht das mental Reinigende und Entspannende beim Halten eines Strickzeugs mit Yoga und im Oktober letzten Jahres strömten 12.000 – 14.000 Menschen in einen New Yorker Park zusammen, um an einem der vielen „knit-outs“ teilzunehmen, bei dem Anfänger stricken lernen können. Exklusive Einrichtungshäuser verkaufen halbfertiges Strickzeug, das hingeworfen in einer Sofaecke liegen kann, um zu signalisieren, dass man hier Überschuss an Dasein besitzt und den Trend gecheckt hat.

Auch hierzulande ist das Interesse am Stricken dabei, dieselben Höhen zu erreichen wie bei der Strickwelle in den 70ern. Aber die junge Generation hat das Stricken nicht gelernt, und daher gibt es einen Markt für Selbsthilfebücher wie „Vrang!“ („Links!“) von Ulla Skjödt und Maude McNair, die smarte Anleitungen veröffentlichen und Tipps dafür geben, wie man Maschen anschlägt, abkettet usw.

Bestseller übers Stricken: Die Strickdesignerin Vivian Höxbro war gerade auf einer siebenwöchigen Rundreise durch die USA und Kanada, wo sie enthusiastische und geübte Stricker in jedem Alter und beiderlei Geschlechts darin unterrichtete, in der alten Dominotechnik zu stricken, die sie weiterentwickelt und verfeinert hat. Diese Technik läuft sehr kurz gesagt darauf hinaus, dass man ein Viereck strickt, ein neues Viereck strickt weiter von dem ersten Viereck und die Vierecke hinauf in das Dreieck zwischen zwei Vierecken strickt. *Anm.d.Ü.:(hier fehlt mir leider die Kenntnis der Technik, um das adäquat übersetzen zu können) Ihr Buch „Domino Strik“ (Anm.d.Ü.: engl. “Domino Knitting”, ca. € 15,-), das lange ein Bestseller in Dänemark, Norwegen und Schweden war, ist in 4. Auflage in Japan erschienen – gut 30.000 verkaufte Exemplare – und wurde bisher 16.000mal in den USA verkauft. Ein neues Buch über die japanische Technik des Schattenstrickens ist in Vorbereitung.

Die Rundreise durch die USA war von ihrem amerikanischen Verlag Interweave Press arrangiert worden, der schon drei weitere Promotiontouren für dieses Jahr vorbereitet, die nächste nach Maine im April. „Es war einfach überwältigend“, erzählt Vivian Höxbro, die in Toronto in Kanada eine Gruppe von 120 Strickern getroffen hat, darunter fünf Männer, von denen ein recht großgewachsener ihr klitzekleine Mützen zeigte, die er für die Frühgeborenen in den Krankenhäusern strickt. „Ich habe einen Richter, einen Oberarzt, einen Professor für Mikrobiologie, einen Psychiater und viele andere mit einem anstrengenden und verantwortungsvollen Alltag unterrichtet, die sofort, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen, ihr Strickzeug in die Hand nehmen um abzuschalten. Viele stricken beim Walken und viele tragen immer die Hobby-Tasche mit ihrem Werkzeug bei sich, sodass sie jede freie Stunde zum Stricken ausnützen können,“ berichtet Vivian Höxbro.

Lesbischer Strickclub: Auch in den USA ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Mädchen stricken lernen. Deshalb gibt es in den Handarbeitsgeschäften, die wie Pilze aus dem Boden schießen, einen großen runden Tisch, an den man sich setzen kann und Unterricht und Hilfe bekommt. „Die Stricker in den USA organisieren sich in verschiedenen Gruppen, z.B. Stitch and Bitch, die Postfeministinnnen sind, oder Dyke Knitting Circle, die lesbisch sind. Aber auch Menschen ohne andere gemeinsame Interessen treffen sich überall in den USA und Kanada in Knitting Guilds, die Zusammenkünfte einmal im Monat abhalten, und zu denen gerne Leute von weit her kommen. Außerdem treffen sie sich vor Ort in kleineren Gruppen einmal in der Woche. Das kann privat geschehen zu sog. pot-lucks, bei denen jeder etwas zum gemeinschaftlichen Essen mitbringt. Oder man trifft sich in einem Café, gerne auch schon ab 8 Uhr morgens, und strickt zusammen. Das ist weniger verpflichtend, weil man von der Straße hereinkommen kann und sein Essen im Café kauft“, erzählt Vivian Höxbro, die hierzulande selbst gern solche Café-Strick-Clubs aufbauen würde.

Gutbesuchte Homepage: Sie hat drei erwachsene Söhne, die alle Stricken gelernt haben – aber es selten tun – und zwei von den Schwiegertöchtern haben angefangen. „Wie in den USA ist es hierzulande neu, dass viele Junge stricken lernen möchten, und viele, die es einmal konnten, wollen es wieder lernen, genauso wie meine Schwiegertöchter. Die eine schickt mir gerne Mails, um z.B. zu fragen, wie man ein Knopfloch macht, und dann muss ich eine Anleitung zurück mailen,“ sagt Vivian Höxbro, die mit ihrer Homepage http://www.viv.dk/ auf 9.000 Besuche im Monat kommt - ein sehr großer Teil davon aus den USA. Sie lernte auch selbst sehr viel auf ihrer USA-Tour. „Es spinnen und färben darüber hinaus auch viele selber ihr Garn, und ich nahm an einem einwöchigen Seminar mit 300 Spinnern in Kalifornien teil,“ schließt Vivian Höxbro.

Mit freundlicher Genehmigung von Vivian Höxbro. Vielen Dank für die Übersetzung an Eva Enger und deren Mutter.

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